Es gibt viele Yoga-Systeme, die im Westen populär geworden sind, insbesondere im 20. Jahrhundert, aber keines von ihnen lehrte tatsächlich die Vollkommenheit des Yoga.
In der Bhagavad-gita jedoch unterweist Sri Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, Arjuna direkt in der Vollkommenheit des Yoga. Wenn wir tatsächlich diesem vollkommenen Yoga-System folgen wollen, stehen uns in der Bhagavad-gita die autoritativen Aussagen der Höchsten Person zur Verfügung...
Es ist zweifellos bemerkenswert, daß die Vollkommenheit des Yoga mitten auf einem Schlachtfeld gelehrt wurde. Die Szene war die folgende: Arjuna, der mächtige Krieger, stand vor einem Bruderkrieg, und, von Mitgefühl überwältigt, fragte er sich: "Warum soll ich gegen meine Verwandten kämpfen?"
Diese Unschlüssigkeit Arjunas beruhte auf Illusion, und um diese Illusion zu beseitigen, sprach Sri Krishna die Bhagavad-gita zu ihm. Man kann sich vorstellen, in welch kurzer Zeit die Bhagavad-gita gesprochen werden mußte. Die Soldaten hatten sich bereits auf beiden Seiten kampfbereit aufgestellt, so daß nicht mehr viel Zeit blieb - allerhöchstens eine Stunde.
Während dieser einen Stunde wurde die gesamte Bhagavad-gita gesprochen, und Sri Krishna erklärte Seinem Freund Arjuna die Vollkommenheit aller Yoga-Systeme. Nachdem dieses einzigartige Gespräch beendet war, legte Arjuna all seine Befürchtungen und Zweifel beiseite und kämpfte...
Im Verlauf des Gespräches erklärte Sri Krishna auch das Meditationssystem des Ashtanga-yoga: wie man sich hinsetzt und eine gerade Körperhaltung einnimmt, wie man die Augen halb geschlossen hält und auf die Nasenspitze starrt, ohne in der Konzentration abzuschweifen - und dies alles allein an einem abgeschiedenen Ort.
Als Arjuna dies hörte, antwortete er:
"0 Madhusudana, das Yoga-System, das Du zusammenfassend beschrieben hast, erscheint mir undurchführbar und unerträglich, denn der Geist ist ruhelos und unbeständig." (Bg. 6.33)
Was Arjuna hier sagt, ist sehr wichtig...
Wir müssen uns immer bewußt sein, daß wir uns in materiellen Umständen befinden, in denen unser Geist ständiger Erregung ausgesetzt ist. Wir leben also nicht in einer sehr angenehmen Situation. Wir denken immer, daß wir durch das Verändern der äußeren Umstände unsere innere Unruhe überwinden könnten und so einmal an einen Punkt kämen, wo alle mentalen Probleme aufhören. Es entspricht jedoch dem Wesen der materiellen Welt, daß man nie von Sorgen und Ängsten frei sein kann...
So befinden wir uns in einem Dilemma...
Einerseits versuchen wir ständig, eine Lösung für unsere Probleme zu finden, aber andererseits ist das materielle Universum so eingerichtet, daß diese Lösungen nie gefunden werden.
Da Arjuna kein Betrüger ist, sagt er offen und ehrlich zu Krishna, daß es für ihn nicht möglich sei, das besagte Yoga-System auszuüben. Als Arjuna sich an Krishna wandte, nannte er Ihn bezeichnenderweise Madhusudana. Dieser Name weist darauf hin, daß der Herr einstmals den Dämon Madhu tötete. Es gibt zahllose Namen Gottes, da Gott oft nach Seinen Taten benannt wird; und da Er zahllose Taten vollbringt, hat Er auch zahllose Namen.
Selbst wir, die wir nur Teile Gottes sind, haben seit unserer Kindheit schon zahllose Taten ausgeführt, so viele, daß wir uns gar nicht an sie alle erinnern können. Der ewige Gott ist unbegrenzt, und weil deshalb auch Seine Taten unbegrenzt sind, hat Er unbegrenzt viele Namen, von denen Krishna der Hauptname ist.
Aber warum nannte Arjuna Ihn dann Madhusudana, wo er Ihn als sein Freund direkt als Krishna hätte ansprechen können?
Die Antwort lautet, daß Arjuna seinen Geist für einen großen Dämon hielt, vergleichbar mit dem Dämon Madhu; wenn es Krishna gelänge, diesen Dämon namens Geist zu töten, könnte er, Arjuna, die Vollkommenheit des Yoga erlangen.
"Mein Geist ist viel stärker als dieser Dämon Madhu", sagte Arjuna. "Bitte töte ihn, denn dann wird es mir möglich sein, diesem Yoga-System zu folgen."
Dies weist darauf hin, daß sogar der Geist einer großen Persönlichkeit wie Arjuna immer ruhelos ist.
Arjuna selbst sagt:
"Denn der Geist ist ruhelos, stürmisch, widerspenstig und sehr stark, o Krishna, und ihn zu bezwingen erscheint mir schwieriger, als den Wind zu beherrschen." (Bg. 6.34)
Es ist eine Tatsache, daß der Geist uns immer einredet, hierhin und dorthin zu gehen und dieses oder jenes zu tun. Unser ganzes Leben verläuft nach dem Diktat des Geistes.
Sinn und Zweck des Yoga-Systems ist es deshalb, den ruhelosen Geist zu beherrschen. Im Meditationssystem des Yoga wird der Geist dadurch beherrscht, daß man ihn auf die Überseele richtet - was das eigentliche Endziel des Yoga ist. Arjuna jedoch entgegnet, daß es schwieriger sei, den Geist zu beherrschen, als den Wind aufzuhalten.
Kann man sich vorstellen, daß jemand versuchen wird, mit ausgestreckten Armen einen Wirbelsturm aufzuhalten?
Wir dürfen nicht denken, Arjuna sei einfach nicht fähig gewesen, den Geist zu beherrschen. In Wirklichkeit hatte Arjuna solch unermeßliche Eigenschaften und Fähigkeiten, daß wir nicht einmal beginnen können, sie uns vorzustellen. Immerhin war er ein persönlicher Freund der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Dies ist eine sehr erhabene Stellung, die niemand erreichen kann, der nicht außergewöhnliche Qualitäten aufweist...
Außerdem war Arjuna berühmt als großartiger Krieger und Politiker. Er war so intelligent, daß er die Bhagavad-gita innerhalb einer Stunde verstehen konnte, wohingegen heutzutage große Gelehrte die Bhagavad-gita nicht einmal verstehen, wenn sie sich ein ganzes Leben lang mit ihr auseinandersetzen.
Dieser Arjuna aber war der Ansicht, daß es für ihn schlicht unmöglich sei, den Geist zu beherrschen.
Wie können wir also glauben, daß das, was für Arjuna in einem fortgeschrittenen Zeitalter unmöglich war, für uns im gegenwärtigen degenerierten Zeitalter möglich sei?
Wir sollten nicht für einen Augenblick denken, daß wir uns mit Arjuna vergleichen könnten. Wir sind ihm tausendmal unterlegen.